22
Okt

Krumme Dinger: Die billige Story der Banane

Sie ist Nummer 1 auf den noch existieren Obstwaagen, Deutschlands zweitliebste Frucht nach dem Apfel(1) und fast so alltäglich wie Brot und Milch: Die Banane. Weltweit schafft sie es sogar auf Platz 4 der größten landwirtschaftlichen Handelsprodukte(3).

Im weltweiten Bananenhandel haben die Deutschen die Nase ziemlich weit vorn: etwa 1,04 Millionen Tonnen (mt) (6) wurden 2014 nach Deutschland importiert, toppen konnte das in Europa nur Großbritannien mit über 1.1 mt. Bananen sind mittlerweile so allgegenwärtig, dass wir über ihre eigentliche Herkunft und ihren Wert gar nicht mehr wirklich nachdenken. Denn obwohl die Früchte bei Aldi und Co. gewissermaßen zur Einrichtung gehören, wachsen sie natürlich nicht auf der Obstpalette. Sie stammen ausschließlich aus den tropischen Regionen Südamerikas, Afrikas und Asiens. Hauptexportland ist Ecuador, dicht gefolgt von Costa Rica und Kolumbien(2). Vom Schössling bis in unseren Obstkorb ist es ein ziemlich langer und vor allem weiter Weg. In Zahlen heißt das etwa ein Jahr(3) und rund 10.000 km.

Dennoch ist die Banane die billigste Frucht in den Regalen. Gerade einmal 1.20 Euro/kg kostet sie durchschnittlich in Deutschland oder umgerechnet in den USA und nicht selten bekommt man die Frucht sogar schon für lächerliche 0.99Euro/kg beim Discounter hinterhergeschmissen(5). Angesichts des enormen Produktionsaufwandes und der Handelsdistanz ist das regelrecht bizarr. Wie kann es sein, dass ein solch wertvolles Lebensmittel so verramscht wird?

Eines steht fest: An der Qualität  der Ware liegt es nicht, denn EU Normen verlangen ausschließlich perfekte Bananen auf dem Ladentisch. Sprich passende Größe (mindestens 14 cm Länge), dezente Krümmung (aber bloß nicht anormal), richtiger Reifegrad und generell frei von jeglicher Missbildung (und JA hier geht es tatsächlich immer noch um eine Frucht^^). Wir bekommen also in jedem Fall eine hübsche Banane, egal wie niedrig der Laden-Preis ist…

Der Grund für die Bananen Tiefpreise ist vielmehr eine knallharte Preispolitik ausgehend von deutschen Discount Supermärkten. Denn was die Preise betrifft, sind es schon längst nicht mehr die großen Bananenkonzerne wie Chiquita oder Del Monte, die bestimmen wie der Hase läuft (5). Den Anbietern geht es dabei in erster Linie nicht einmal darum mit Bananen ihre Gewinnspanne zu erweitern. Sie dienen eher als  Lockmittel, als Repräsentanz für den gesamten Laden. Hat die Banane als eines der Schlüsselnahrungsmittel den richtigen Preis, wird der ganze Laden gleich mitgekauft. Der Aldipreis regiert den Bananenmarkt (aber nicht ausschließlich nur diesen) und das sehr zum Leidtragen von Umwelt und Menschenrechten. Denn das, was wir hier zu Lande beim Bananenkauf einsparen, spendiert nicht etwa Familie Albrecht aus eigener Tasche, sondern muss in den Produktionsländern teuer bezahlt werden.

Trotz körperlicher Schwerstarbeit in tropischer Hitze und täglicher Konfrontation mit gesundheitsschädlichen Chemikalien wird nur der Mindestlohn bezahlt – wenn man Glück hat. Beispielsweise verdienen Plantagenarbeiter/innen von Del Monte’s Tochtergesellschaft PINDECO in Costa Rica im Durchschnitt umgerechnet lediglich 1,07 Euro/Stunde(5). Überstunden sind an der Tagesordnung und nicht selten wird sogar auf die notwendige Arbeitskleidung verzichtet, welche den Arbeitern zumindest teilweise Schutz vor den giftigen Pestiziddämpfen bieten soll.

Auch die Auswirkungen auf Umwelt und Klima sind enorm und eigentlich eine Geschichte für sich. Neben der Abholzung tropischer Wälder durch kontinuierliche Ausbreitung der Bananen Plantagen, führt der enorme Einsatz von Pestiziden, die die Bananen vor Pilzbefall schützen sollen, zu Verschmutzung von Böden, Gewässer und Grundwasser. Als logische Konsequenz hat das ebenso negative Auswirkungen auf Mensch, Tier und Pflanzenwelt4.

Der Preiskrieg deutscher Supermärkte trägt also grundlegend mit zu Menschenrechtsverletzung und Umweltproblematik in den Produktionsländern bei. Eine Verbesserung der Produktionsbedingungen ist nur unter höheren Marktpreisen realisierbar und folglich nicht kombinierbar mit dem „alles aber billig“ – Motto vieler Anbieter und Verbraucher.

Zertifizierte Bananen, wie beispielsweise Fairtrade oder Bio, gewährleisten solche Verbesserungen teilweise und mit unterschiedlichem Schwerpunkt*. Im Gegensatz zu herkömmlichen Bananen sind zertifizierte Bananen (von mir als aufmerksamer Einkäufer geschätzt) 60-90 Cent/kg teurer. Da sie im Supermarkt meist direkt neben dem Sparpreis liegen, landen sie jedoch nur verhältnismäßig selten im Einkaufswagen, dementsprechend ist der Gesamtmarktanteil an zertifizierten Bananen in Deutschland noch relativ gering.

*Hierzu eine kleine Bemerkung am Rande: Zertifikate machen die Welt weder komplett rosa noch gewähren sie die Lösung aller Probleme. Aber sie bringen zumindest eine Verbesserung von Teilaspekten und sind somit ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. In der Regel ist es jedoch nicht direkt ersichtlich, für welche Kriterien ein bestimmtes Label steht. Man sollte sich daher als Verbraucher selbst informieren. Eine recht gute Übersicht bekommt man hier.

Dass man auch komplett auf Billig-Bananen verzichten kann, zeigt z.B. die niederländische Supermarktkette Plus, welche seit 2010 ausschließlich Fair Trade Bananen anbietet(7). Die Kunden haben also keine Wahl: Wer Bei Plus einkaufen will muss zu den etwas teureren Bananen greifen. Damit bleibt dem Konsument der innere Konflikt zwischen „Billig“ oder „Besser“ erspart und der Supermarktkette hat es auch nicht geschadet. Im Gegenteil, denn der Bananen Umsatz ist sogar um 10% gestiegen!

Es ist ein schönes Beispiel dafür, dass Einzelhändler eine Situation aus eigener Hand verbessern können. Ganz ohne Politik von oben. Und was heißt das für uns als Verbraucher? – Wir haben die Macht! Denn wer zertifizierte Produkte fordert, wird sie auch bekommen! Das Angebot richtet sich der Nachfrage, so einfach ist das.

Wir selbst können also mit wenig Aufwand viel bewirken, indem man einfach beim nächsten Einkauf folgenden Bananenkonsumregeln folgt  (auch gerne anwendbar auf andere Lebensmittel):

  • FAIRE PREISE: greift zu Fairtrade, Bio etc. und lasst euch nicht von den grellen Angebots Tafeln manipulieren! Denn mal ehrlich: von den 2 Euro die man dadurch im Monat spart, züchtet man auch keine Millionen.
  • INDIVIDUALITÄT: Eure Stadt hat mehr zu bieten als 0815 Discounter. Geht ab und zu mal lieber zu dem kleineren Supermarkt um die Ecke oder auf den Markt. Das unterstützt nicht nur die kleineren Anbieter, sondern wirkt sich auch positiv auf euren Stresspegel aus: keine Schweißausbrüche weil man an der Kasse in Rekordzeit den Einkauf in die Tasche packen muss!
  • ABWECHSLUNG: Auch ich esse gerne mal Bananen und ich will sie niemandem verbieten (Nun ja, um ehrlich zu sein fehlt mir dazu einfach nur die Macht…). Aber: schaut euch erst einmal um, ob es nicht eine leckere regionale Alternative gibt. Das Leben ist doch viel zu kurz um jeden Tag Bananen zu essen!

Außerdem gilt prinzipiell und ohne Ausnahme bei allem was ich schreibe: Alles so PLASTIKFREI wie nur möglich! Faire Bio-Ware in Plastik umwickelt ist ungefähr genauso widersprüchlich wie die Schokoladendiät.

Nun liegt die Entscheidung ganz bei euch: ein paar Euro im  Jahr durch Billig Bananen sparen oder erhobenen Hauptes den Preis für ein Lebensmittel bezahlen, den es auch Wert ist.  Ich zumindest entscheide mich für Variante 2.

 Foto: unsplash.com/Lotte Löhr
  1. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Statistik und Berichte. Online verfügbar unter http://www.bmelv-statistik.de/de/bilanzen/kurznachrichten/obst-und-gemuese/, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  2. FAO (2014): Banana Market Review and Banana Statistics 2012-2013. Online verfügbar unter http://www.fao.org/docrep/019/i3627e/i3627e.pdf, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  3. Goldscheider, Stefanie (2015): Bananen. Online verfügbar unter http://www.biothemen.de/Qualitaet/tropen/bananen.html, zuletzt aktualisiert am 30.06.2015, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  4. Morazán, Pedro (2012): Das krumme Ding mit der Banane. Soziale Auswirkungen des weltweiten Bananenhandels ; die Macht von Supermarktketten in Deutschland. Siegburg, Aachen: Südwind e.V; MISEREOR. Online verfügbar unter http://www.suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2012/2012-17_Das_krumme_Ding_mit_der_Banane.pdf, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  5. Oxfam Deutschland | Franziska Humbert (2014): Billige Bananen – Wer zahlt den Preis? Online verfügbar unter https://www.oxfam.de/sites/www.oxfam.de/files/141008_oxfam_bananenpreise_02_0.pdf, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  6. Statista GmbH (2014): Bananen – Statista-Dossier. Hamburg. Online verfügbar unter http://de.statista.com/statistik/studie/id/24632/dokument/bananen-statista-dossier/, zuletzt geprüft am 22.10.2015.
  7. TAZ | Frank Herrmann (2015): Tue Gutes, aber nur auf Sparflamme. Online verfügbar unter http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sp&dig=2015%2F02%2F11%2Fa0004&cHash=c22842ca49dedc931d8798c3c529a576, zuletzt aktualisiert am 22.10.2015, zuletzt geprüft am 22.10.2015.

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